Die nationale Wasserstoffstrategie: Fragen und Anmerkungen
Zuletzt aktualisiert am 9. Februar 2021 durch Jürgen Voskuhl
Die Nationale Wasserstoffstrategie wirft einige Fragen auf.
Ich bin diesen nachgegangen und habe versucht Antworten zu finden.
Am Ende meiner Recherche habe ich jedoch immer noch Fragen - und mehrere Handlungsempfehlungen.
Außerdem habe ich für Euch die Fahrtkosten verschiedener Antriebssysteme miteinander verglichen.
In diesem Beitrag geht es um folgende Themen und Fragestellungen:
- Wofür braucht man Wasserstoff?
- Die Wasserstoff-Farbpalette
- Die Herleitung der Wasserstoffstrategie ist unklar
- Warum ist Wasserstoff für individuelle Mobilität nicht sinnvoll?
- Wie kommt der Wasserstoff aus Marokko nach Deutschland?
- Woher kommt der grüne Strom in Deutschland?
- Mogelpackung „Blauer Wasserstoff“
- Fazit
- Offene Fragen
- Update vom 04. Oktober 2020
Wofür braucht man Wasserstoff?
First things first: Wofür braucht man eigentlich Wasserstoff? Die Bundesregierung beantwortet die Frage hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten des farb- und geruchlosen Gases folgendermaßen:
Wasserstoff bietet viele Einsatzmöglichkeiten in der zentralen und dezentralen Stromerzeugung. Er kann aber auch für das Betreiben von Fahrzeugen, für die Herstellung alternativer Kraftstoffe, Brennstoffe und Gase, zur Langzeitspeicherung sowie als Rohstoff für industrielle (insbesondere chemische) Prozesse eingesetzt werden.
Nachzulesen ist das übrigens auf dieser Seite:
Und damit sind wir auch schon mitten im Thema: Am 10. Juni hat die Bundesregierung ihre Nationale Wasserstoffstrategie vorgestellt.
In diesem Zusammenhang hat außerdem Bundesentwicklungsminister Gerd Müller verkündet, das Deutschland eine Partnerschaft eingegangen ist, um "gemeinsam mit Marokko die erste industrielle Anlage für grünen Wasserstoff in Afrika" zu entwickeln.
Die Wasserstoff-Farbpalette
Wenn Du den Begriff Wasserstoff schon mal gehört hast, wurde der vermutlich in Verbindung mit einer Farbe genannt. Was hat es also mit den Farben auf sich?
Auch das erklärt die Bundesregierung auf der oben genannten Webseite sehr anschaulich:
Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt. Bei grünem Wasserstoff kommt der Strom für die Elektrolyse ausschließlich aus erneuerbaren Energien. Dadurch ist der eingesetzte Strom CO₂-frei und somit auch die Produktion von Wasserstoff. Das ist unabhängig von der verwendeten Elektrolysetechnologie.
Bei grauem Wasserstoff ist der Ausgangsstoff ein fossiler Brennstoff. In den meisten Fällen wird die Methode der „Dampfreformierung“ angewendet. Hierbei wird Erdgas unter dem Einsatz von Hitze in Kohlenstoffdioxid (CO₂) und Wasserstoff umgewandelt. Da das entstandene CO₂ hierbei ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben wird, wird dadurch der Treibhauseffekt verstärkt. Pro Tonne so produziertem Wasserstoff entstehen alleine zehn Tonnen CO₂.
Bei blauem Wasserstoff handelt es sich im Grunde um grauen Wasserstoff. Jedoch wird bei blauem Wasserstoff das durch die Dampfreformierung entstandene CO₂ gespeichert. Diese Speicherung wird auch „CCS“ genannt, von dem Englischen „Carbon Capture and Storage“. Das bei der Produktion entstandene CO₂ gelangt also nicht in die Atmosphäre und dadurch kann diese Art der Wasserstoffproduktion bilanziell als CO₂-neutral betrachtet werden.
Türkiser Wasserstoff wird über die thermische Spaltung von Methan gewonnen. Dieses Verfahren wird auch als Methanpyrolyse bezeichnet. Anstelle von CO₂ entsteht hierbei ein fester Kohlenstoff. Um diese Art der Produktion CO₂-neutral zu gestalten, ist sowohl die Wärmeversorgung des Hochtemperaturreaktors aus erneuerbaren Energien, als auch die dauerhafte Bindung des entstehenden Kohlenstoffs notwendig.
Der Vollständigkeit halber sei auch noch schwarzer Wasserstoff erwähnt. Dieser entsteht entweder durch Kohlevergasung oder durch Dampfreformierung von Kohlenwasserstoffen (Erdöl).
In jüngster Vergangenheit ist zudem von violettem Wasserstoff (auch pinker Wasserstoff) die Rede. Dieser wird - ebenso wie grüner Wasserstoff - durch Elektrolyse von Wasser hergestellt. Der Unterschied: der Elektrolysestrom wird hierbei von einem Kernkraftwerk erzeugt. Diese Art der Erzeugung gilt daher als „CO₂-arm“.
Da CO₂-Emissionen unbedingt zu vermeiden sind, kommt grauer Wasserstoff (der bereits heute in der Industrie eingesetzt wird) offensichtlich nicht in Betracht (blauer Wasserstoff auch nicht, aber dazu später).
Ideal ist dagegen grüner Wasserstoff, da dessen Herstellung weitestgehend CO₂-frei ist.
Die nachfolgende Grafik enthält zur besseren Übersicht alle beschriebenen Herstellungsverfahren von Wasserstoff, die genannten Farben sowie die bei der Herstellung anfallenden Emissionen:
Herleitung der Wasserstoffstrategie unklar
Um den Hintergrund der Wasserstoffstrategie zu verstehen und einschätzen zu können, wäre es hilfreich wenn man wüsste, auf welchen Studien diese basiert. Hierzu schweigt sich die Bundesregierung aber leider aus. Ein Hintergrundpapier zur Wasserstoffstrategie wäre hilfreich.
Sucht man nach aktuellen Dokumenten vom Wissenschaftlichen Dienst der Bundesregierung zum Thema Wasserstoff, stößt man unweigerlich auf das Dokument „Kosten der Produktion von grünem Wasserstoff“ vom 3. April 2020. Dieses Dokument verweist wiederum auf mehrere andere Studien, die ihrerseits wiederum auf weitere Studien verweisen. Kurz gesagt: da hat einer vom anderen abgeschrieben.
Ich habe die Zusammenhänge zwischen einigen (für unsere Zwecke relevanten) Studien in der nachfolgenden Grafik veranschaulicht. Links zu den Studien finden sich am Ende dieses Beitrags.
Warum ist Wasserstoff für individuelle Mobilität nicht sinnvoll?
Die Bundesregierung schreibt, dass man Wasserstoff auch „für das Betreiben von Fahrzeugen“ verwenden will. Dieser Satz, das Bild auf der Webseite (siehe oben) ebenso wie ein Pressefoto von Peter Altmaier in einem Wasserstoff-PKW könnten den Betrachter zu der Annahme verleiten, dass dies auch in Verbindung mit individueller Mobilität ein Thema ist.
Aber weit gefehlt: Wasserstoff-PKW (ebenso wie alle synthetischen Kraftstoffe) werden in der Landschaft des deutschen Individualverkehrs höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. Der Grund ist sehr einfach: Wasserstoff als Treibstoff ist einfach zu ineffizient!
Um einen PKW 100 km weit fortzubewegen, benötigt man 11,6 kWh - an den Rädern, wohlgemerkt. Die beiden sich daraus ergebenden Fragen:
- Wieviel vom jeweiligen Kraftstoff (abhängig von der Antriebsart) muss ich in den Tank (beziehungsweise die Batterie) füllen?
- Wieviel Primärenergie muss dafür aufgewendet werden?
Genau diese beiden Fragen beantwortet die nachfolgende Grafik.
Bitte beachtet, dass mit einem modellierten Fahrzeug gerechnet wurde. Das bedeutet, dass zum Beispiel der tatsächliche Energiebedarf realer Fahrzeuge abweicht.
Fazit 1: Den geringsten Energiebedarf hat offensichtlich das batterieelektrische Fahrzeug.
Die nächste Frage, die sich automatisch stellt: Was kostet es mich, mit einem entsprechenden Fahrzeug 100 Kilometer zu fahren? Dazu muss man die die Kraftstoffpreise sowie die jeweils benötigte Menge berücksichtigen. Ich habe das für Euch in der nachstehenden Tabelle mal zusammengefasst.
Preis / kWh | Preis / 100 km | |
---|---|---|
Batterieelektr. Fahrzeug, Strommix aus dem öffentlichen Stromnetz | 30 Ct. | 4,29 € |
Batterieelektr. Fahrzeug, Strom von der eigenen Photovoltaik-Anlage m. Speicher | 26 Ct. | 3,72 € |
Fahrzeug m. Brennstoffzelle, Wasserstoff v. Tankstelle (33,3 kWh/kg; Preis pro kg ca. 9,50 €) | 29 Ct. | 5,91 € |
Fahrzeug m. Dieselmotor, Diesel v. Tankstelle (9,8 kWh/l bei 1,14 €/l) | 12 Ct. | 5,42 € |
Fazit 2: Die niedrigsten Kosten für eine Strecke von 100 Kilometern verursacht ein batterieelektrisches Fahrzeug, welches mit Strom von der eigenen Photovoltaikanlage betankt wird. Der Unterschied ist gravierend!
Antriebe auf Basis von Wasserstoff und Brennstoffzelle haben nur dort eine Daseinsberechtigung, wo Gewicht oder enorme Reichweite eine Rolle spielen, wie das beispielsweise bei Flugzeugen oder Schiffen der Fall ist.
Antriebe auf Basis von Wasserstoff und Brennstoffzelle haben nur dort eine Daseinsberechtigung, wo Gewicht oder enorme Reichweite eine Rolle spielen.
Wegen der begrenzten Reichweite und Lebensdauer einer Fahrzeugbatterie hatte man noch vor einem Jahr auch Brennstoffzellenautos im Blick.
Doch neueste Entwicklungen verdrängen diese Technologie komplett. So hat etwa der Hersteller Tesla unlängst eine neue Batterie mit einer Lebensdauer von 16 Jahren, beziehungsweise 2 Millionen Kilometer angekündigt.
Sinngemäß gilt das auch für LKW: In einer Studie vergleicht das Öko-Institut verschiedene Antriebsoptionen für LKW.
Das Ergebnis: LKW mit batterieelektrischen Antrieb (gegebenenfalls mit Unterstützung von Oberleitungen zur Erhöhung der Reichweite) erreichen mit deutlichem Abstand den höchsten Wirkungsgrad.
Die Erkenntnis, dass für „das Betreiben von Fahrzeugen“ voraussichtlich kaum Wasserstoff benötigt wird, wirft die Frage auf, wie denn die Bundesregierung den der Strategie zugrunde liegenden Wasserstoffbedarf ermittelt hat.
Hierzu werfen wir einen Blick in die Studie „Integriertes Energiekonzept 2050 (Strom Wärme Verkehr Industrie)“, die aus dem Jahr 2018 stammt und auf die in einer Studie der NOW GmbH (beauftragt durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, BMVI) verwiesen wird.
In dieser Studie sind verschiedene Szenarien definiert. Aufgrund der Marktentwicklungen, welche auch der Bundesregierung nicht verborgen geblieben sein dürften, interessiert uns vor allem das Szenario S₉₀-OLKW/BEV, in welchem 90% CO₂-Reduktion in 2050 mit einem erhöhten Anteil batterieelektrischer Antriebskonzepte einschließlich batterieelektrischer LKW zugrunde gelegt ist. In der nachfolgenden Grafik sind das die beiden Diagramme ganz unten. Das linke Diagramm zeigt die Kraftstoff-Verteilung für PKW, rechts entsprechend für LKW.
Offensichtlich geht das BMVI - und damit wohl auch die Bundesregierung - im Jahre 2050 von einem Wasserstoffanteil (bezogen auf die Jahresfahrleistung) von ca. knapp 50% bei PKW und ca. 65% bei LKW aus!?
Das ist vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Markt vollkommen unrealistisch!
Im Sektor Verkehr ist ein Wasserstoffanteil von 50 - 60 Prozent vollkommen unrealistisch!
Da der Anteil des Sektors Verkehr am gesamten Primärenergiebedarf erheblich ist (>25%), hätte eine Anpassung des Wasserstoffbedarfs an dieser Stelle einen wesentlichen Einfluss auf die insgesamt in Deutschland benötigte Menge Wasserstoff. Der Umfang, in dem wir Wasserstoff importieren müssen, würde sich dadurch deutlich reduzieren. Eventuell ist ein Import sogar nur während einer Übergangszeit oder auch gar nicht erforderlich. Entsprechend muss die Datengrundlage zeitnah überprüft werden.
Import: Wie kommt der marokkanische Wasserstoff nach Deutschland?
Aber bleiben wir noch einen Augenblick beim Import von Wasserstoff. Die Antwort auf die Frage, wie denn der marokkanische Wasserstoff zu uns kommt, bleibt uns die Bundesregierung schuldig.
In der Nationalen Wasserstoffstrategie ist lediglich die Rede von „der Erprobung von Importrouten und -technologien“. Mit anderen Worten: man weiß es noch nicht.
Der Import von Wasserstoff aus der MENA-Region verursacht nicht unerhebliche Transportkosten.
Da man heute nicht mit Sicherheit sagen kann, ob, wie lange und in welchem Umfang grüner Wasserstoff importiert werden muss, bietet sich aufgrund der Flexibilität der Schiffstransport an, der jedoch nicht unerhebliche Transportkosten verursacht.
Diese Überlegung wird auch durch eine Studie von Greenpeace Energy gestützt.
Die Studie kommt übrigens zu dem Schluss, dass importierter Wasserstoff keine Kostenvorteile bietet. Nachfolgend der korrespondierende Ausschnitt aus der Studie. Ich habe für Euch die beiden wichtigen Sätze markiert.
Eine andere Studie, auf die der wissenschaftliche Dienst in diesem Zusammenhang ebenfalls verweist, stammt von der Prognos AG. Diese legt einen Transport via Pipeline zugrunde. Sie schätzt zwar den Import gegenüber der Produktion In Deutschland als minimal preisgünstiger ein, allerdings ist in der Studie auch die Rede von einer „potenziell geringeren Investitionssicherheit in Schwellen- und Entwicklungsländern gegenüber Deutschland“.
In Zusammenhang mit dem Import von Wasserstoff wird im Dokument des wissenschaftlichen Dienstes auch das Bundeswirtschaftsministerium mit folgenden Worten zitiert: „Deutschland wird auch in einer dekarbonisierten Welt in großem Umfang Energieträger importieren müssen.“
Leider ist nicht dokumentiert, wie das BMWI zu seiner Einschätzung kommt. Allerdings ist diese Formulierung auch in einem Papier der Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) zu finden. Somit habe ich hier ein Henne-Ei-Problem.
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Woher kommt der grüne Strom in Deutschland?
Ob für den direkten Verbrauch oder zur Produktion von Wasserstoff: wir benötigen jede Menge Strom aus erneuerbaren Energien!
Das sieht auch die Bundesregierung so. In der nationalen Wasserstoffstrategie heißt es dazu:
Für den Markthochlauf der Wasserstofftechnologien und deren Export ist eine starke, nachhaltige und zur Energiewende beitragende inländische Wasserstoffproduktion und Wasserstoffverwendung – ein „Heimatmarkt“ – unverzichtbar. Für eine langfristig wirtschaftliche und nachhaltige Nutzung von Wasserstoff müssen Erzeugungskapazitäten für Strom aus erneuerbaren Energien (insb. Wind und Photovoltaik) konsequent weiter erhöht werden.
Derzeit wird der massive Ausbau von Photovoltaikanlagen durch unsinnige Gesetze behindert. Hiervon sind - neben Ein- und Zweifamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und Zweckbauten - insbesondere auch Freiflächenanlagen betroffen.
Um die die Erzeugungskapazitäten für Strom aus erneuerbaren Energien deutlich zu erhöhen, bedürfen die entsprechenden Gesetze dringend einer Überarbeitung!
Mogelpackung „Blauer Wasserstoff“
Aus Sicht der Bundesregierung ist auf Dauer nur solcher Wasserstoff nachhaltig, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde („grüner“ Wasserstoff).
Ungeachtet dessen möchte die Bundesregierung übergangsweise auch CO₂-neutralen Wasserstoff (sprich: „blauen“ oder „türkisen“ Wasserstoff) nutzen. Das leuchtet mir nicht ein!
Blauer Wasserstoff wird ebenso wie grauer Wasserstoff aus Erdgas hergestellt. Hier entstehen bereits bei der Förderung und dem Transport CO₂- und Methanemissionen (Stichwort „Vorkettenemissionen“, ca. 25% der Gesamtemissionen von Erdgas), was bereits für einen erheblichen CO₂-Fußabdruck sorgt.
Auch hinsichtlich der CCS-Technologie (Auffangen und „sicheres“ Deponieren des bei der Wasserstoff-Herstellung entstehenden CO₂ in Bergwerken oder in ausgebeuteten Öl- und Gasfeldern) bestehen Bedenken: so werden in der Praxis nur ca. 85% des anfallenden CO₂ tatsächlich aufgefangen. Der Rest entweicht ungehindert.
Blauer Wasserstoff ist kein geeignetes Instrument, um die deutschen Klimaziele zu erreichen!
Greenpeace Energy kommt daher in einer Kurzstudie zum Thema Blauer Wasserstoff auch zu dem Ergebnis, dass „selbst bei modernen Anlagen im Durchschnitt 143 gCO2/kWh entstehen; bei Nachrüstungen sind es sogar 218 gCO2/kWh. Blauer Wasserstoff ist daher kein geeignetes Instrument, um die deutschen Klimaziele zu erreichen.“
Fazit
- Die Datengrundlage für den Wasserstoffbedarf im Sektor Verkehr ist wahrscheinlich überholt und bedarf deshalb einer zeitnahen Überprüfung.
- Allein wegen dem vorangehenden Punkt, aber auch aufgrund weiterer Unwägbarkeiten im Hinblick auf den Wasserstoffbedarf ist derzeit unklar, ob, wie lange und wieviel grünen Wasserstoff Deutschland importieren muss.
- Solange unklar ist, ob der Import von Wasserstoff dauerhaft und in großen Mengen erfolgen muss (der Autor geht eher nicht davon aus), ist von Investitionen in Pipelines abzusehen. Stattdessen ist im Bedarfsfall der Schiffstransport zu bevorzugen.
- Nicht zuletzt für die strombasierte Produktion von grünem Wasserstoff brauchen wir in Deutschland einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien. Alle Gesetze, welche dies behindern, müssen dringend überarbeitet werden.
- Blauer Wasserstoff ist nicht klimaneutral, also eine Mogelpackung.
Blauer Wasserstoff ist daher unbedingt zu vermeiden!
Offene Fragen
Meine nachfolgenden Fragen sind offen geblieben oder haben sich beim Recherchieren zu diesem Artikel ergeben. E-Mail an das BMWI ist selbstverständlich raus. Ich werde an dieser Stelle oder in einem weiteren Artikel zum Thema (abhängig vom Umfang der Neuigkeiten) berichten, sobald es etwas Neues gibt.
- Was sind die Datengrundlagen (Studien, etc.) die als Basis für die vorliegende Nationale Wasserstoffstrategie dienen?
- Auf welcher Basis kommt das BMWI zu folgender Einschätzung: „Deutschland wird auch in einer dekarbonisierten Welt in großem Umfang Energieträger importieren müssen.“?
- Warum genau soll grüner Wasserstoff in Marokko (oder im Land eines anderen Partners) hergestellt & dann importiert werden, statt dass gleich hier zu erledigen?
Update vom 4. Oktober 2020
Noch während der Recherche zum vorliegenden Artikel habe ich die genannten offenen Fragen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geschickt. Hier meine entsprechende E-Mail:
Nachdem ich bis zum 22. Juli (also etwas mehr als 1 Monat später) immer noch keine Antwort erhalten habee, habe ich nochmal nachgefasst. Aufgrund eines zwischenzeitlichen Erkenntnisgewinns meinerseits habe ich bei der Gelegenheit noch eine ergänzende Frage gestellt:
Am 8. September habe ich dann endlich Antwort vom BMWi erhalten! Lest selbst:
Allerdings stellt sich mir die Frage, warum meine (aus meiner Sicht einfachen) Fragen nicht beantwortet werden?
Um es nochmal ganz deutlich zu formulieren:
- Ein Ministerium veröffentlicht ein Strategiepapier.
- Jemand (ich) fragt nach der Entstehungsgeschichte, beziehungsweise den zugrunde liegenden Daten.
- Das Ministerium antwortet, es sei mit der Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen beschäftigt, könne aber noch keine Einzelheiten dazu nennen (dabei wollte ich doch nur wissen, wie, also auf welcher Datengrundlage, das Strategiepapier entstanden ist!).
Die aus meiner Sicht inhaltsleere Antwort mag jeder für sich selbst interpretieren.
Bei mir ist jedenfalls der Eindruck entstanden, dass es sich bei der Wasserstoffstrategie bis heute nur um ein reines PR-Papier handelt.
Update vom 9. Februar 2021
Literaturverzeichnis
Bundesregierung: Die Nationale Wasserstoffstrategie
Wissenschaftlicher Dienst: „Kosten der Produktion von grünem Wasserstoff“
Prognos AG: Kosten und Transformationspfade für strombasierte Energieträger
Greenpeace Energy EG: Blauer Wasserstoff: Lösung oder Problem der Energiewende?
Fraunhofer ISE: Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem
Fraunhofer ISI/ISE: Eine Wasserstoff-Roadmap für Deutschland
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Produktion von Roh- und Kraftstoffen aus Elektrizität (PtX, PtG & ReFuel) ist akzeptabel, wenn speziell dafür Überkapazitäten an erneuerbarer Energie aufgebaut werden, die sich anderweitig nicht im Stromnetz zur Verdrängung von Kohle-Strom nutzen lassen, z.B. in Offshore-Windparks ohne ausreichende Netz-Anbindung oder im "Sonnengürtel" der Erde:
➯ Plädoyer für ReFuel als Transportmedium zum Import von erneuerbarer Energie aus fernen Ländern im "Green Deal":
http://edison.media/oeko-sprit-fuer-die-welt/25201944 ➭ 4‑facher Wirkungsgrad für ReFuel Import aus dem "Sonnengürtel"
➯ Tatsächlich für unsere Breiten und im Binnenland wohl effektiver, als direkte Nutzung von Elektrizität
(E‑Mobilität mit Schnell-Ladung oder Oberleitung) aus begrenzt knappem Dargebot an Solar- & Windenergie mitbisher nicht gelöstem Mangel bei tagelanger Dunkelflaute!
➯ Die allfällig vorgetragene Ablehnung gegen PtX & PtG (wegen angeblich schlechtem Wirkungsgrad) ist typisches Beispiel, wie ideologisch einseitige Fokussierung verblenden kann (sogar bei B90/Grüne oder GermanZero)…
➯ Hier haben wohl auch die Scientists dringend Aufklärungsarbeit zu leisten!