"America first“ oder: Wie (nicht nur) wir den American way of life finanzieren
Zuletzt aktualisiert am 16. Mai 2020 durch Jürgen Voskuhl
Der Begriff "America First" ist beileibe keine Erfindung von "The Donald": er wurde nachweislich schon 1940 verwendet. Seither hat sich die Bedeutung allerdings erheblich geändert. Berücksichtigt man Ereignisse der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart, kann man zu dem Schluss kommen, das es ausschließlich darum geht, Dritte den "American way of life" finanzieren zu lassen.
"America first" damals und heute
Der Begriff "America First" wurde bereits 1940 verwendet, wie man hier nachlesen kann.
Dem America First Committee ging es damals primär um die eigene Verteidigung und dem Heraushalten aus Kriegen (einschließlich der Unterstützung einer Kriegspartei). Seitdem hat sich einiges geändert.
Betrachtet man die Militäroperationen, in denen die USA nach 1945 involviert waren, kann man zu dem Schluss kommen, das es anfänglich (1950 bis 1953 Korea, 1961 Kuba, 1964 – 1975 Laos/Vietnam/Kambodscha, 1977 ‑1992 El Salvador, …) primär um geopolitische Interessen ging. Jaja, der böse Kommunismus…
Dies hat sich danach jedoch gravierend geändert! Noch in den 80ern unterstütze man den Irak und Saddam Hussein im Krieg gegen den (ehemals befreundeten) Iran (dort haben die USA in den 50ern den Schah unterstützt und mit Unterstützung der CIA an die Macht gebracht). Konkret nahmen die USA den Irak 1982 von ihrer Liste der Terrorstaaten, damit US-Firmen Waffen an die irakische Seite verkaufen durften.
Ab 1990 führte man dann Krieg gegen gegen den Irak. Und zwar ebenfalls aus handfesten wirtschaftlichen Interessen. Konkret: dem Zugriff auf das Erdöl.
Dies wird vor allem bei der vorgeschobenen Begründung des Irakkriegs von 2003 deutlich: der "wachsenden akuten Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen des Irak" steht die Tatsache gegenüber, das bis zum heutigen Tage keinerlei Massenvernichtungsmittel gefunden wurden. Der Bericht der 9/11-Kommission vom Juli 2004 widerlegt außerdem die "Verbindung zum Terrornetzwerk Al-Qaida", die ebenfalls als Kriegsgrund bemüht wurde.
Aus meiner Sicht ist daher 1982 die eigentliche Geburtsstunde des "America first" im Sinne der Antrittsrede des aktuellen amerikanischen Präsidenten.
Es geht ausschließlich um die Bereicherung eines Landes (nämlich den USA) auf Kosten Dritter!
Um seine "wirtschaftlichen Interessen" durchzusetzen, muss man aber nicht gleich einen Krieg anzetteln, wie wir gleich sehen werden.
Die Weltfinanzkrise
Die Weltfinanzkrise ab 2008 war unter anderem Folge eines spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkts in den USA. Die Strategie der beiden staatlichen Baufinanzierer Freddie Mac und Fanny Mae damals: Aufsplittung und Veräußerung "fauler Kredite" an ausländische Großbanken.
In Deutschland traf es die Hypo Real Estate. Auch der britische Baufinanzierer Bradford & Bingley und der belgisch-niederländische Bankkonzern Fortis wurden durch Milliarden an Staatsgeldern vor dem Aus bewahrt.
Im Klartext: Der verschwenderische amerikanische Lebensstil wurde damals mit europäischem Geld finanziert!
Natürlich haben seinerzeit auch die USA Freddie Mac und Fanny Mae unter die Arme gegriffen. Dieses Geld haben beide Unternehmen aber inzwischen offensichtlich bereits wieder zurückgezahlt, wie man auf https://www.faz.net/-gqg-7ew0k nachlesen kann.
Die Baysanto-Story
Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, welche Strategie eigentlich hinter dem Monsanto-Deal steckt.
Klar ist heute, dass die Bayer-Führung die Risiken der Monsanto-Übernahme unterschätzt hat. Aber wenn der Vorstandsvorsitzende Baumann sagt "Wir haben dieses hohe Prozessrisiko nicht gekannt." frage ich mich, wie jemand mit so grenzenloser Naivität eigentlich Vorstandsvorsitzender eines DAX-Konzerns geworden ist? Oder wurden da etwa von amerikanischer Seite bewusst Nebelkerzen geworfen, um bestimmte Dinge zu vertuschen?
Richtig pikant wird es, wenn man weiß, das auf beiden Seiten des Verhandlungstisches dieselben Entscheider gesessen haben: die US-amerikanische Fondsgesellschaft BlackRock war 2016 mit einem Anteil von sieben Prozent der größte Aktionär bei Bayer und mit 5,75 Prozent die Nummer zwei bei Monsanto (https://sz.de/1.3170377).
Dazu passt ein Zitat von Henry Kissinger:
Wer das Öl kontrolliert, ist in der Lage, ganze Nationen zu kontrollieren; wer die Nahrung kontrolliert, kontrolliert die Menschen.
Man darf gespannt sein, wie die Baysanto-Geschichte angesichts der mehr als 13.400 anhängigen Klagen weitergeht. Im Prinzip könnten US-amerikanische Gerichte die Bayer-Aktionäre ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Und vielleicht kommt ja am Ende wieder das Prinzip "Too big to fail" ins Spiel – und der deutsche Steuerzahler darf auch noch sein Scherflein beitragen – zum Wohle von Bayer – und damit indirekt auch zum Wohle von US-Bürgern (und damit meine ich nicht ausschließlich die Geschädigten: da verdienen schließlich auch Gerichtsbedienstete, Anwaltskanzleien, usw. mit): es gilt halt "America first".
ZTE, Huawei & Co.
Wenden wir uns abschließend einem anderen aktuellen Schauplatz zu: Die USA warnen seit Monaten eindringlich vor dem chinesischen Netzwerkausrüster und Smartphonebauer Huawei. Der Vorwurf aus dem Weißen Haus: Chinas Regierung könnte den Konzern dazu bringen, den Westen mit seiner Technik auszuspionieren. Stichhaltige Beweise dafür – so es sie denn überhaupt gibt – wurden bislang allerdings nicht öffentlich gemacht.
Stattdessen wird zur Begründung gerne ein chinesisches Gesetz aus dem Jahr 2017 angeführt. Dieses Gesetz verpflichtet Huawei (übrigens auch alle anderen chinesischen Firmen und Individuen) zur Zusammenarbeit mit den chinesischen Geheimdiensten.
Ich kann dabei keinen wesentlichen Unterschied zum im März 2018 unterzeichneten US-amerikanischen CLOUD Act (Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act) erkennen!
Inzwischen hat Präsident Trump Huawei auf eine schwarze Liste von Unternehmen gesetzt, deren Geschäftsbeziehungen zu US-Partnern strengen Kontrollen unterliegen. Huawei darf somit nur noch sehr eingeschränkt beliefert werden.
Damit verhält sich der US-amerikanische Präsident also exakt so, wie er es der chinesischen Regierung unterstellt!
Einen ähnlichen Vorfall gab es übrigens auch schon im vergangenen Jahr: Damals hatte der chinesischen Netzausrüster und Smartphone-Hersteller ZTE sich erlaubt, Waren in den mit Handelssanktionen belegten Iran zu liefern. Um sich weiterhin Zugang zum US-Markt zu sichern, zahlte ZTE am Ende eine Strafe in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden US-Dollar an die USA.
Man darf also gespannt sein, wie sich Huawei mit den USA einigt…
Weiterführende Lektüre
Gaby Weber/Telepolis: America First oder wer profitiert vom Deal Bayer-Monsanto?
Süddeutsche Zeitung, 14.5.2019: Minenfeld Monsanto
Welt, 21.5.2019: Trump und das Huawei-Problem in der Hosentasche
n‑tv, 7.6.2018: USA einigen sich mit Konzern in China
Wikipedia: Liste der Militäroperationen der Vereinigten Staaten
FAZ v. 8.8.2013: Amerika verdient bald mit der Rettung der Hypothekenbanken
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