Verkehrsminister Andreas Scheuer will Fahrverbote wegen Geschwindigkeitsüberschreitung wieder zurücknehmen. Dazu ist bereits einiges gesagt worden.
In diesem Beitrag lenke ich Euren Blick deshalb vor allem auf zwei Aspekte, die bisher noch wenig Beachtung fanden. Die Rede ist zum einen von der in diesem Zusammenhang gerne angeführten Petition.
Wir werfen außerdem einen Blick auf Bußgelder für häufige Verkehrsvergehen in ganz Europa: Wie steht Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern da?
Reaktionen auf Scheuers Rücknahmeversuch
Alle einschlägigen Interessenvertreter haben inzwischen auf Scheuers Vorstoß erwartungsgemäß reagiert.
An dieser Stelle möchte ich daher lediglich zwei Meinungen von eher neutralen Stellen, eine sehr interessante Theorie sowie einen besonders konstruktiven Kommentar hervorheben.
Da ist einerseits die Haltung der Gewerkschaft der Polizei (GdP), welche Scheuers Plänen eine klare Absage erteilt. Unter anderem, weil "Überhöhte, nicht angepasste Geschwindigkeit mit das größte Todes- und Verletzungsrisiko auf den Straßen hierzulande ist".
Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat warnt vor einer Rücknahme der bestehenden Sanktionen.
Ein Twitter-User hat eine sehr interessante und vor allem plausible Theorie zum Sachverhalt geäußert:
Und dann ist da noch der im Spiegel erschienene Kommentar von Lena Frommeyer, die gute Alternativen zum Rollback vorstellt. Lesenswert!
Kommen wir nun zu der Petition, auf die auch das BMVI verweist.
Petition ist nicht gleich Petition
Die Petition "FÜHRERSCHEIN-FALLE DER #STVO-NOVELLE RÜCKGÄNGIG MACHEN" wird bisher von knapp 150.000 Menschen unterstützt. Diese Petition wird gerne angeführt, wenn es um eine Begründung für die Rücknahme geht.
Schauen wir uns im Vergleich dazu einige andere unterstützenswerte Petitionen an, die ebenfalls über eine sechsstellige Unterstützerzahl verfügen:
Stand: 16. Mai 2020
Was alle diese Petitionen über die hohe Zahl an Unterstützern hinaus gemeinsam haben? Bei allen ist bisher NICHTS (oder zumindest fast nichts) passiert!
Einerseits will die Bundesregierung (in Form des BMVI) offenbar auf Raser Rücksicht nehmen (übrigens zum Nachteil von Fußgängern und Radfahrern!).
Andererseits lässt sie bei anderen für die Gesellschaft wichtigen Themen entweder keinerlei Handlungsabsicht erkennen oder sie beschließt lediglich kosmetische Maßnahmen. In einem Fall entscheidet sie sich sogar GEGEN die Intention der Petition.
Die Logik dahinter erschließt sich mir nicht!
Geldbußen bei Verkehrsvergehen im europäischen Vergleich
Bei meinen Recherchen zum Thema Fahrverbote bin ich unter anderem auf die Webseite speedingeurope.com gestoßen, welche Strafen für Verkehrsverstöße in europäischen Ländern auflistet.
Erste Erkenntnis: Deutschland befindet sich in bester Gesellschaft!
In weiteren fünf Ländern Europas droht bereits bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von weniger als 30 km/h ein Fahrverbot
Außer bei uns (also in Deutschland) droht Autofahrern in fünf weiteren europäischen Ländern schon bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von weniger als 30 km/h ein Fahrverbot.
Interessant ist außerdem der sogenannte Burger-Index auf der Seite: Dabei wird ein Mittelwert über Bußgelder für verschiedene Verkehrsverstöße gebildet und dieser dann in Bezug zum europäischen Durchschnitt gesetzt. Daraus ergibt sich die nachfolgende Tabelle. Die letzte Spalte stellt den kaufkraftbereinigten Wert dar. Das Ergebnis ist einigermaßen verblüffend:
Auch unter Berücksichtigung der zum 28. April eingeführten neuen Bußgelder gehören die Bußgelder in Deutschland zu den niedrigsten in Europa!
Na, hättet Ihr das gedacht?