Ratio Confirmatoria bei Nukular-Bros: Wenn Minus plötzlich Plus ist
Zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2025 durch Jürgen Voskuhl
„Nukular-Bros“ sehen bei Atomkraft nur das Positive, ignorieren das Negative und biegen sich die Realität so zurecht, dass ihre Meinung immer stimmt. Eine Diskussion auf Faktenbasis ist mit ihnen deshalb sehr schwer. Es ist unwahrscheinlich, dass sie ihre Meinung von alleine ändern.
Eine pseudomedizinische satirische Analyse.

Die Spezies der Nukular-Bros (Subspezies: Homo energeticus proatomicus) leidet endemisch an Ratio confirmatoria, in vielen Fällen mit Progression zur Ratio confirmatoria gravis complicata.
Klinisches Bild und Pathogenese:
Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch eine signifikante Hypoaktivität präfrontaler kortikaler Areale, welche für kritisches Denken und ambiguitätstolerante Informationsverarbeitung zuständig sind. Kompensatorisch zeigt sich eine pathologische Hyperreagibilität des mesolimbischen Belohnungssystems (Nucleus Accumbens und assoziierte Strukturen) bei Exposition gegenüber reaktorspezifischen Erfolgsmeldungen. Dieser neurobiologische Dysbalance-Zustand induziert eine ausgeprägte Skotomisierung widersprechender Daten (pathologische Neglekt-Symptomatik für negative Evidenz) sowie eine anamnestische Fokussierung auf Narrative des Zubaus und technologische Heilsversprechen. Es resultiert eine chronische Realitätsperzeptionsstörung mit selektiver Amnesie für Stilllegungsfakten.
Fallbeispiel zur Veranschaulichung der Symptomatik:
Anamnestische Faktenlage (globale Erhebung, Zeitraum Anfang 2020 – Ende 2024):
- Brutto-Zubau an Atomenergieleistung: ca. 27,8 GW (entspricht der positiven Stimulanz für das Belohnungssystem)
- Gleichzeitige Abschaltungen/Stilllegungen: ca. 41,5 GW (Daten, die typischerweise vom skotomisierten Wahrnehmungsfeld erfasst, aber nicht prozessiert werden)
- Netto-Bilanz: Verlust von ca. 13,7 GW Atomenergieleistung (Faktum, das akute kognitive Dissonanz auslöst und daher meist verdrängt wird)
Typische Verhaltensmanifestation bei Patienten mit Ratio confirmatoria:
Individuen mit diagnostizierter R.c. amplifizieren in ihrer Kommunikation exklusiv die 27,8 GW Zubau. Dies wird als Beweis für eine "globale Renaissance der Kernenergie" fehlinterpretiert – eine Wahrnehmungsverschiebung, die durch die oben beschriebene Pathophysiologie begünstigt wird.
Verteidigungsmechanismen und Rationalisierungen bei R.c. gravis complicata (der "Gegencheck" als Symptom-Cluster):
Die Konfrontation mit den eliminierten 41,5 GW und dem Netto-Verlust von annähernd 14 GW führt nicht zur Reevaluation der eigenen Position, sondern zu charakteristischen sekundären Symptomen und Kompensationsstrategien:
- Abschaltungs-Bagatellisierungs-Syndrom (Morbus Negationis Atomicus): Die Stilllegungen werden als "planmäßige Außerbetriebnahme veralteter, ineffizienter Schrottreaktoren" oder "rein politisch motivierte, irrationale Entscheidungen ideologiegetriebener Akteure" deklariert und somit als irrelevante Störgröße aus dem kognitiven Bezugsrahmen exkludiert.
- Zukunfts-Glorifizierungs-Kompensation (Hyperphantasia Technologica): Die aktuelle negative Nettobilanz wird durch exzessive, oft unkritische Verweise auf noch nicht marktreife Small Modular Reactors (SMRs), unrealistisch beschleunigte Bauzeitprognosen für Großprojekte oder gar die prospektive, jedoch spekulative Potenz der Fusionsenergie kompensiert. Diese "Was-wäre-wenn-Narrative" dienen der Aufrechterhaltung des positiven Selbstbildes und der Abwehr der dissonanten Realität.
- Statistik-Relativierungs-Manöver (Dyskalkulia Selectiva): Es wird argumentiert, dass der Nettoverlust "im globalen Maßstab marginal" sei oder dass "die wirklich entscheidenden, zukunftsweisenden Projekte ja erst noch ans Netz gehen". Beliebt ist auch der Verweis auf "höhere Kapazitätsfaktoren neuerer Anlagen", um von der absoluten Reduktion der installierten Leistung abzulenken.
- Schuldexternalisierung und Projektions-Pathologie: Die Verantwortung für den Nettoverlust und die wahrgenommenen Probleme der Nuklearindustrie (Kostenexplosionen, Bauzeitverlängerungen, Akzeptanzdefizite) wird systematisch externen Faktoren ("feindselige Medienkampagnen", "überbordende Bürokratie", "Sabotage durch Erneuerbare-Lobbyisten und deren Windwahn-Propaganda") zugeschrieben, anstatt systemimmanente Herausforderungen anzuerkennen.
Zur Ätiologie und Frühdiagnostik der Ratio Confirmatoria (var. Steingartii)
Der Verfasser verweist auf eine bereits im Jahre 2020 dokumentierte Kasuistik (Fall G.S.), welche die nun voll ausgeprägte Symptomatik der selektiven Evidenz-Skotomisierung – namentlich die pathologische Negligenz gegenüber umfangreichen Stilllegungsdaten bei gleichzeitiger Hyperfokussierung auf einseitige Zubau-Narrative ("Renaissance") – exemplarisch vorwegnahm.
Klinisches Fazit: Der Ratio-resistente Patient
Diese komplexe Symptomatik macht eine evidenzbasierte Diskussion über die tatsächliche Rolle der Atomenergie im globalen Energiemix extrem schwierig und führt zu einer chronischen Desinformationslage im öffentlichen Diskurs. Die Prognose für eine Spontanheilung der R.c. gravis complicata gilt als infaust; therapeutische Interventionen erweisen sich oft als frustran und beschränken sich meist auf psychoedukative Maßnahmen mit geringer Compliance seitens der Betroffenen, was die Aufrechterhaltung des pathologischen Zustands im Kollektiv weiter begünstigt.